Münchner Crüppel Cabaret

 

 

 

Wer kennt es nicht, das Münchner Crüppel Cabaret. Knappe 20 Jahre war es in der bundesdeutschen Kabarettwelt zuhause. Seit 2005 existiert es leider nicht mehr. Deshalb haben wir - unterstützt von Renate und Werner Geifrig - hier einiges an Informationen zusammengetragen, um dafür zu sorgen, dass das Münchner Crüppel Cabaret nicht vergessen wird. 

Es gibt noch eine Webpräsenz des MCC, die nach wie vor in Grundzügen funktioniert und die wir nicht vorenthalten möchten: 

http://www.muenchner-crueppel-cabaret.de

 


 

Dank der Unterstützung der Münchner arbeitsgemeinschaft behinderte und medien - abm kann das archiv-behindertenbewegung die noch existierenden Videos der Truppe auf einem eigenen Kanal auf der Videoplattform vimeo präsentieren. 

 

Wer über weitere Ideen + Materialien verfügt, darf sich gerne an uns wenden: 
mail@archiv-behindertenbewegung.org

 

"1982 gründete sich ein einzigartiges Theaterprojekt: Menschen mit und ohne Behinderung auf einer Bühne karikieren Probleme und Alltagssituationen voller Barrieren. Mit Humor und Spaß unterhalten sie das Publikum auf Bühnen in ganz Deutschland und sogar auch international. 25 Jahre später trennt sich das Ensemble, nun treffen sich vier von ihnen wieder. Regisseur und Autor Werner Geifrig, die Darsteller Gabriela Kufner, Martin Blasi und Renate Geifrig verbringen zusammen einen Abend voller Erinnerungen mit den besten Ausschnitten von damals."

 


 

Werner Geifrig im Buch "Rollenium" zum zwanzigjährigen Bestehen über das Münchner Crüppel Cabaret:

Seit 20 Jahren besteht nun das Münchner Crüppel Cabaret. Als Autor des Ensembles fragt man sich, was sich in diesen zwei Jahrzehnten getan hat, ob sich etwas verändert hat. 1983 war »Soziallästig« der Titel unseres ersten Programms. Eine Wortschöpfung des CSU-Politikers Peter Gauweiler, mit der er obdachlose Menschen in München diffamierte. Elf Jahre später, 1994, haben wir das Wort »Selektionsrest« zum Titel unseres achten Programms erkoren. Als Selektionsrest wurden damals in einem Fragebogen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg schwerbehinderte junge Menschen bezeichnet, die nicht in eine Regelschule integrierbar erschienen. Angesichts der Tatsache, daß während des Naziregimes auch behinderte Menschen selektiert und umgebracht wurden, eine Ungeheuerlichkeit, die uns zu denken gab. 1997 wählten wir für unser neuntes Programm den Titel »Ausgepflegt«, eine Ausgeburt ausgerasteter Bürokratenhirne. Der Begriff umschreibt auf zynische Weise das Ableben alter und behinderter Menschen, die auf Pflege durch andere Menschen angewiesen waren. Angesichts menschenverachtender Kosten-Nutzen-Erwägungen schien und scheint der Zustand des »Ausgepflegt«seins der optimale Zustand pflegebedürftiger Personen zu sein. Aber der Mensch hängt nun mal an seinem Leben. Und so verordnet das Pflegeversicherungsgesetz in seinen Ausführungsbestimmungen die Pflege nach einem Punktesystem im Sekundentakt. In einschlägigen Kreisen spricht man bereits von »Rennpflege«, »Fließbandpflege« oder »Verwahrpflege«. Selbstverständlichkeiten wie menschliche Zuwendung und ein tröstendes Wort gelten als »Kaviarleistungen«, also unbezahlbarer Luxus. So kommt es, daß immer mehr pflegebedürftige Menschen, ernährt durch »Sondenkost«, entleert mit Hilfe von Kathetern, seelisch verrotten und in Einsamkeit dahindämmern, bis sie vorzeitig den Löffel abgeben und damit »ausgepflegt« sind. Sprache verrät viel von dem, was in den Köpfen von Politikern, Bürokraten, Richtern und sonstwie Verantwortlichen vorgeht. Der Zynismus und die Menschenverachtung, die hinter ihren Wortschöpfungen stecken, ließ mich in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer wieder aufs neue erschrecken. Dagegen habe ich angeschrieben. Dagegen haben wir unsere Sketche auf der Bühne gespielt. Aber hat sich dadurch etwas positiv verändert? Nein. Denn das hieße, die Möglichkeiten des Kabaretts zu überschätzen. Das kann aber nicht bedeuten, daß wir die schwächsten Glieder, unserer Gesellschaft aus den Augen verlieren und die Zustände, denen sie ausgeliefert sind nicht als das bezeichnen, was sie sind: unmenschliche widerliche Sauereien, die unserer Gesellschaft unwürdig sind.

Aber getan hat sich etwas: Der Umgang zwischen Menschen mit und ohne Behinderung ist vielerorts unbefangener geworden. Und dazu haben wir sicher unseren Beitrag geleistet. Die Selbstironie, die in vielen unserer gemeinsam erarbeiteten Nummern zum Ausdruck kommt, und die ganz eigene Ästhetik der Rollstuhltänze rissen unser Publikum über zwei Jahrzehnte immer wieder zu Begeisterungsstürmen hin. Und Begeisterung über eine künstlerische Leistung schafft Nähe auf gleicher Augenhöhe und zugleich Respekt.

Viele Menschen mit Behinderung sind in den letzten 20 Jahren aus ihrer Isolation herausgetreten und haben ein eigenes Selbstbewußtsein entwickelt. Auch dazu konnten wir unseren Beitrag leisten; denn das Ensemble des Münchner Crüppel Cabarets hat seinem betroffenen Publikum genau dieses vorgelebt. ...

 

 


Die gesammelten Programme

finden sich hier -->

 


Das Ensemble (von 2005)

findet sich hier -->

 


Die Bücher

finden sich hier -->

 


Die Videos

finden sich hier -->

 

 

  • Das Münchner Crüppel Cabaret präsentiert: Häusliche Blitzpflege

  • Münchner Crüppel Cabaret Arbeitsvermittlung