Berühmte behinderte Frauen

Alice von Battenberg (1885 -1969)

 

von Anneliese Mayer

 

Mitte der 1960er Jahre unternahm meine Mutter ihre erste (und einzige) große Reise mit mir. Sie brachte mich zum Schloss Wolfsgarten in Südhessen.  Im dortigen Erholungsheim für körperbehinderte Kinder sollte ich vier Wochen bleiben. Organisiert wurde dieser Aufenthalt vom Roten Kreuz am Wohnsitz des letzten Prinzenpaars von Hessen-Darmstadt. Auf dem weitläufigen Gelände stand (und steht noch) das Prinzessinnenhaus, das 1902 für die siebenjährige Prinzessin Elisabeth als Spielhaus gebaut wurde, die aber ein Jahr darauf an Typhus starb. Uns Kindern wurde auch erzählt, dass hier die kleine Prinzessin Johanna an Meningitis gestorben ist, jedoch erfuhren wir nichts von ihrer Großmutter, die damals noch lebte, seit ihrer Geburt hörbehindert, in den späten 1920ern psychisch erkrankt und sowohl in ihrer Kindheit als auch als Erwachsene oft im Schloss Wolfsgarten war. 

 

Victoria Alice Elizabeth Julia Marie von Battenberg wird am 25. Februar 1885 auf Schloss Windsor geboren. Ihre Eltern Viktoria von Hessen und bei Rhein und Louis (Ludwig) von Battenberg halten sich sehr oft am englischen Hof auf.  Die kleine Alice bekommt den Rufnamen nach ihrer früh verstorbenen Großmutter, der zweitältesten Tochter Queen Victorias. Diese Alice hatte 1862 Ludwig IV, Großherzog von Hessen und bei Rhein geheiratet und erfreute sich aufgrund ihres sozialen Engagements großer Beliebtheit, starb jedoch aufgrund einer Diphterie-Erkrankung bereits mit 35 Jahren.[1]

 

Ludwig IV wiederum ist der Neffe von Alices Großvater väterlicherseits, Prinz Alexander. Aufgrund seiner morganatischen Ehe[2] mit Gräfin Julia Hauke wird Alexander 1851 der Anspruch auf den Titel Prinz von Hessen und bei Rhein aberkannt und Erbansprüche daraus aufgehoben. Seiner Familie bekommt dafür den Titel „von Battenberg“ – einem Grafengeschlecht aus dem Nordhessischen, das bereits im Mittelalter ausgestorben war. Alices Vater Louis ist der älteste Sohn aus dieser Verbindung.

 

Wegen dessen Tätigkeit bei der englischen Marine kommt es zu einem häufigen Wechsel des Wohnsitzes. Kurz nach der Geburt von Alice zieht die Familie nach Schloss Wolfsgarten bei Darmstadt. Ihr offizielles Domizil wird jedoch das nahegelegene Schloss Heiligenberg in Jugenheim sein.

 

Die Schweigsamkeit der kleinen Alice macht der Familie Sorgen. So schreibt die Mutter im Frühjahr 1889 nach England: „‘Das Kind ist seit dem letzten Mal (…) sehr gewachsen, sehr lebhaft, sehr geschickt, aber beim Sprechen ist sie immer noch zurück. Sie benutzt alle möglichen selbsterfundenen Wörter und betont manches sehr ungewöhnlich, sodass Fremde sie kaum verstehen können.‘“ (Zitat.  S.  35) Es ist die Großmutter Julie, die schließlich das Kind bei der Hand nimmt und einen Ohrenarzt aufsucht.  Seine Diagnose lautet: „angeborene Hörschwäche, bedingt durch eine Verengung der Eustachischen Röhre, die die Paukenhöhle mit dem Nasen-Rachen-Raum verbindet.“ (S. 35f). Die erste Reaktion der Eltern, insbesondere der Mutter, auf die Mitteilung, dass ihre Tochter eine starke Hörbeeinträchtigung hat, ist: Operation und Beseitigung des „Makels“. Doch ein medizinischer Eingriff ist nicht möglich.

 

Nun beweist die Mutter die gleiche Disziplin und Strenge, die auch ihre Tante Victoria von Preußen aufgewendet hat, um die Behinderung ihres Sohnes Wilhelm, der gerade 1888 deutscher Kaiser geworden ist, zu verbergen. Wilhelm II war perinatal mit einer Lähmung des linken Arms auf die Welt gekommen, und seine Mutter ließ nichts unversucht, um den Arm zu therapieren bzw. ihren Sohn dahingehend zu erziehen, dass er den Arm versteckte. Ähnlich wird nun im Hause Battenberg verfahren: „Nach dem Willen der Mutter soll Alice von der Familie ‚wie ein hörendes Kind‘ behandelt werden, auf das es keine Rücksicht zu nehmen gilt. Entweder sie versteht, was gesagt wurde, oder sie versteht es nicht. Viktoria verlangt von ihrer Tochter, dass sie sich anstrengt, wohl auch um die Behinderung so weit wie möglich zu kaschieren.“ (S. 36) So lernt Alice das Lippenablesen in den beiden zuhause gesprochenen Sprachen: englisch und deutsch. Gebärden werden untersagt, gelten diese doch als „Affensprache“[3]. Auch ihre Aussprache wird durch unausgesetzte Lautübung verbessert. Ein Ausgleich für die Strenge der Mutter findet die kleine Alice in der Herzlichkeit und Milde der Großmutter Julie, die jedoch bereits 1895 stirbt.  Wie es sich für Töchter aus gutem Hause gehört, besucht Alice ein Mädchenpensionat. Sie ist inzwischen 17 Jahre alt, als sie bei den Vorbereitungen zur Krönung von Eduard VII -dem Sohn der 1901 verstorbenen Queen Victoria – in London den Prinzen Andreas kennengelernt. Andreas ist drei Jahre älter als sie und der vierte Sohn des griechischen Königs Georg I. Die beiden jungen Leute verlieben sich ineinander und da bei deren Eltern keine dynastischen Erwägungen vorhanden sind, steht einer Heirat nichts im Wege, außer dass Andreas erst seinen Militärdienst ableisten muss. Während dieser einjährigen Wartezeit unternimmt Alice mit ihrer Mutter eine Reise nach Russland und besucht ihre Tanten, die Zarin Alexandra und die Großfürstin Elisabeth (Ella). Vor allem bewundert Alice letztere, die aus tiefer Überzeugung vom Protestantismus zum russisch-orthodoxen Glauben konvertiert und nach der Ermordung ihres Mannes ihr ganzes Schaffen und Vermögen in den Aufbau karitativer Arbeit einbringt.

 

Am 7. Oktober 1903 findet in Darmstadt die Hochzeit von Alice und Andreas in Darmstadt in Anwesenheit des ganzen verwandtschaftlichen Adels statt. Die kirchliche Zeremonie erfolgt sowohl nach dem protestantischen Ritual, und da der Bräutigam der griechisch-orthodoxen Kirche angehört, auch nach diesem Ritus. Dabei kommt es zu einem Missverständnis, bei dem die Hörbehinderung der Braut zutage tritt: „Alice soll die Fragen des Priesters falsch verstanden haben, vielleicht, weil er undeutlich sprach und sein wallender Bart das Lippenlesen erschwerte. Auf die Frage, ob sie Andreas zum Mann nehmen wolle, antwortete Alice zunächst mit ‚Nein‘, während sie die zweite Frage, ob es vielleicht irgendein Ehehindernis gäbe, ausdrücklich bejahte. Die Hochzeitsgesellschaft nahm den kleinen Fauxpas mit Humor[4] (…)“ (S. 60)

Nach der Hochzeit beginnt das neue Leben für Alice in Athen. Hier bringt sie in den nächsten Jahren ihre Töchter Margarita (*1905), Theodora (*1906) und Cécile (*1911) auf die Welt. Da ihr Mann mit seiner Heimat sehr verbunden ist, lernt sie die griechische Sprache, unternimmt gemeinsam mit ihm öfters Auslandsreisen oder engagiert sich in einer Schule für griechische Stickereien. Das friedliche Leben ändert sich mit dem Ausbruch des Balkankrieges 1912. Die Kriegsereignisse erfordern den Einsatz der Prinzessin. Sie hilft in einem Lazarett die Verwundeten zu versorgen und lernt die Schrecknisse des Krieges kennen.

 

Im März 1913 wird ihr Schwiegervater ermordet. Wegen der zunehmenden Unruhen zieht die Familie auf die Insel Korfu, wo kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs die vierte Tochter Sophie auf Schloss Mon Repos geboren wird. 1917 wird die Situation für die deutschstämmige Königsfamilie prekär. König Konstantin I, der ältere Bruder von Andreas, findet Exil in der Schweiz und Alice folgt mit ihrer Familie. Auch ihr Vater, der in England Karriere bei der Marine gemacht hat, bekommt die Feindschaft gegenüber den Deutschen zu spüren. Er wird 1914 seines Postens als Erster Seelord enthoben. Nun – da auch der englische König seinen deutschen Titel (von Sachsen-Coburg und Gotha) abgelegt hat und fortan die Dynastie den Hausnamen „Windsor“ trägt – verändert auch Louis von Battenberg seinen Namen in einen englischen: Mountbatten.

 

Das Exil in der Schweiz dauert drei Jahre. Alice bekommt die schreckliche Nachricht, dass im Zuge der russischen Revolution die ganze Zarenfamilie – also auch ihre Tanten Alexandra und Ella – ermordet wurden. 1920 erfolgt die Rückkehr nach Griechenland und ein Jahr später ist die Geburt ihres Sohnes Philip auf Korfu zu vermelden. Der Vater ist bei dem freudigen Ereignis nicht anwesend. Er ist in Anatolien stationiert und kämpft gegen die Türken. Diese militärische Auseinandersetzung geht nicht gut aus. Wegen Befehlsverweigerung droht ihm das Todesurteil. Um dem zu entkommen, bleibt Andreas nur die Flucht mit seiner Familie. Neuer Aufenthaltsort wird Paris. Da Andreas und Alice mittellos sind, müssen sie sich in Abhängigkeit der Verwandten begeben. Andreas Brüder haben reiche Frauen geheiratet, die ihnen nun unter die Arme greifen. Die Schwägerin Maria Bonaparte stellt ihnen ihren Landsitz Saint Cloud bei Paris zur Verfügung. Alice versucht zwar, in der Stadt ein Geschäft mit Kleidung mit griechischer Stickerei zu etablieren, scheitert jedoch nach kurzer Zeit.

 

Mittlerweile ist ihre Ehe nach 25 Jahren in eine schwere Krise geraten. Hat ihr Mann zu diesem Zeitpunkt schon ein Alkoholproblem? Wendet er sich bereits anderen Frauen zu? 

 

Die vielen Schicksalsschläge haben den Rückzug Alices aus der Wirklichkeit zur Folge. Sie beschäftigt sich viel mit religiösen und philosophischen Ideen ihrer Zeit.  Durch ihren Schwager kommt sie in Kontakt mit dem Spiritualismus. So verfestigt sich in ihr der Glaube, dass sie eine direkte Verbindung zu Jesus und heilende Kräfte habe. Sie tritt wie ihre Tante Ella zum orthodoxen Glauben über.

 

Anfangs wird ihre angebliche Verbundenheit mit Jesus noch als Spleen von der Familie abgetan, aber mit der Zeit ist für ihre Mutter klar, dass gehandelt werden muss, da sich ihr körperlicher Zustand durch ein selbst auferlegtes rigoroses Fastenprogramm merklich verschlechtert. Durch Vermittlung von Maria Bonaparte kommt sie im Februar 1930 in die Klinik des Psychoanalytikers und Freud-Schülers Ernst Simmel nach Berlin-Tegel. Anfangs noch misstrauisch, fasst sie Vertrauen zu dem Arzt und erzählt ihm von ihrem intimen Verhältnis mit Jesus. Für den Psychoanalytiker ist die Diagnose klar: “‘Im Fall der Prinzessin von Griechenland handelt es sich meiner Ansicht nach um ein schizophrenes Paranoid. Es ist ein bestimmtes Wahnsystem, in dessen Zentrum Christus steht, mit dem die Patientin verheiratet zu sein glaubt. (…) Sie hat eine Menge halluzinatorischer Erfahrungen, die immer im Koitus mit Christus enden, jedesmal in einem vollen Orgasmus, wie die Patientin berichtet.‘“ (Zitat. S.135) Diese „Hyperlibido“ ist für Simmel „‘einerseits eine Folge ihrer neurotisch-präpsychotisch libidinösen Kondition, andererseits eine Reaktion auf die (relative?) Impotenz ihres Mannes‘“ (Zitat. S.136). Vor Durchführung einer Behandlung berät er sich mit Sigmund Freud, der ihm eine Röntgenbestrahlung der Eierstöcke seiner Patientin vorschlägt, um vorzeitig das Klimakterium einzuleiten und damit eine Unterdrückung ihrer Sexualität herbeizuführen. Die Bestrahlung wird durchgeführt, jedoch „ohne das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Man kann nur von Glück sagen, dass Alice keine ernsthaften Schäden davontrug.“ (S.134)

 

Nach sieben Wochen in der Klinik drängt Alice auf ihre Entlassung. Die Verlobung ihrer Tochter Cécile mit dem Darmstädter Cousin steht an. Die Befürchtungen ihrer Mutter bei den Feierlichkeiten könnte sich Alice nicht unter Kontrolle halten und ihr sonderbares Verhalten könnte nach außen dringen, bewahrheiten sich nicht. Jedoch kann sie nach Ansicht ihrer Familie nicht mehr nach Saint Cloud zurückkehren. Man nimmt Kontakt mit dem Heidelberger Psychiater Karl Wilmanns auf, der zeitwillig Direktor einer Klinik in Kreuzlingen am Bodensee gewesen war. Doch Alice ist nicht gewillt, sich wieder in stationäre Behandlung zu begeben. Am 3. Mai 1930 unternimmt die Familie einen Ausflug und lässt Alice in Darmstadt zurück. Dr. Wilmanns taucht auf und versucht sie zum Mitkommen zu bewegen. Als sie sich weigert, injiziert er ihr Skopolamin[5].

 

Alice wird nun 2 ½ Jahre in der privaten Bellevue-Klinik am Bodensee verbringen, die Ludwig-Binswanger 1857 gegründet hat und mittlerweile von seinem Enkel geführt wird. Das Konzept dieses psychiatrischen Sanatoriums geht zwar von einem ganzheitlichen Menschenbild aus. Die Patient*innen sollen mit ihren Fantasien und wirklichkeitsfernen Vorstellungen ernst genommen werden. Jedoch sind die Ärzte bei Alice mit diesem therapeutischen Ansatz erfolglos. Sie verweigert sich, fällt oft in tiefe Depression und wirkt völlig apathisch. Auch ihr körperlicher Zustand verschlechtert sich, sie hat Herzbeschwerden und kann sich nur mühsam mit Stöcken auf den Beinen halten. Sie fühlt sich in der „Nervenheilanstalt“ als Gefangene. In Phasen, in denen es ihr besser geht, versucht sie ihre Entlassung zu erreichen, was ihre Mutter, unter deren Vormundschaft sie steht, verhindert. Folglich ist ihr Verhältnis zu Viktoria zukünftig sehr distanziert. Ein Fluchtversuch, den sie schließlich unternimmt, misslingt. Erst der regelmäßige Besuch eines alten Freundes aus Darmstadt, Kuno von Hardenberg[6], zu dem sie Vertrauen hat und der eine nichtstationäre Behandlung in Südtirol veranlasst, bringt eine Veränderung. Allmählich scheint Alice sich wieder auf die Realität einlassen zu können. 

 

Unterdessen haben ihre vier Töchter deutsche Prinzen geheiratet, der neunjährige Philip kommt in ein englisches bzw. schottisches Internat und Prinz Andreas hat eine Geliebte, mit der er nach Südfrankreich zieht. Die Jahre 1933 -1938 verbringt sie in Köln und Umgebung. Da ist zum einen das Ehepaar Dilmit, sowjetische Dissidenten, bei denen sie drei Jahre wohnt und zum anderen danach die Pension auf dem Landgut Breibach im Bergischen Land.  In dieser Zeit führt sie intensive Gespräche zu religiösen und philosophischen Themen mit ihren Mitbewohner*innen. In Breibach, wo viele Gäste verkehren, gibt sie sich als Gräfin Hohenstein aus, um ihre wahre Herkunft zu verbergen. Eine Besucherin beschreibt Alice später so: „‘Sie war eine moderne und weitsichtige Frau, die mir viele Zusammenhänge der Weltpolitik klargemacht hat…. Eine wunderbare Frau mit sprechenden Händen.‘“ (Zitat. S. 124) Ihr Zustand stabilisiert sich. Auch der Tod ihrer Tochter Cécile, die mit ihrem Mann und den beiden Söhnen am 16. November 1937 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, bringt keinen Rückfall in die Schizophrenie. 

 

Ein Jahr später Alice verlässt Deutschland und kehrt nach Athen zurück, wo wieder die Monarchie eingeführt ist. Während des 2. Weltkriegs kümmert sie sich gemeinsam mit ihrer verwitweten Schwägerin Ellen und dem Roten Kreuz im von Deutschen und Italienern besetzten Griechenland um Flüchtlinge. Sie versteckt die jüdische Familie Cohen in ihrer Wohnung. Als mehrmals die Gestapo auftaucht, setzt sie ihre Schwerhörigkeit ein.“ Sie könne die Herren leider nicht verstehen und habe keine Ahnung, was man von ihr wolle. Das zeigte Wirkung, auch wenn die Männer sie offensichtlich für etwas schwachsinnig hielten.“ (S. 200) 

 

1947 heiratet ihr Sohn Philipp die britische Thronfolgerin Elizabeth. Bei dieser Feier trägt Alice noch ein Seidenkleid. Doch fünf Jahre später bei der Krönung erscheint sie im grauen Nonnengewand mit umgehängtem Kreuz. Sie versucht auf der Insel Tinos, dem griechischen Lourdes, eine religiöse Schwesternschaft aufzubauen, was ihr aber nicht gelingt. In den nachfolgenden Jahren finden wir sie als Besucherin bei Philip und dessen Familie oder bei ihren Töchtern.  Im Alter „wirkte sie auf ihre Umgebung immer exzentrischer, isoliert auch durch ihre Schwerhörigkeit. Die Religiosität trat wieder verstärkt in den Vordergrund (…). So war und blieb sie einfach die unkonventionelle, kettenrauchende Prinzessin im Nonnenhabit.“ (S. 220)  

 

Nach dem Militärputsch im April 1967 muss die griechische Königsfamilie und deren Angehörige - also auch Alice – das Land verlassen. Bis zu ihrem Tod am 5. Dezember 1969 lebt sie bei ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter im Buckingham Palast. Im Testament hat Alice verfügt, dass ihre sterblichen Überreste in die Maria-Magdalena-Kirche in Jerusalem überführt werden. Dies geschieht 1988. Zudem wird sie auf Betreiben der Nachfahren der Familie Cohen in die Liste „Völker der Gerechten“ in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Yashem aufgenommen.

 

Nachbemerkung 

Wurde in früheren Publikationen die Schwerhörigkeit und die psychische Erkrankung von Alice von Battenberg nie erwähnt, (z.B. Manfred Knodt: Die Regenten von Hessen-Darmstadt. Verlag H.L. Schlapp Darmstadt 1976) steht in der kürzlich erschienenen Romanbiografie „Die vergessene Prinzessin“ ihre „Taubheit“ und ihr heldenhaftes Leben von der Heirat bis zur Flucht aus Griechenland 1922 im Zentrum. Die Jahre in der Psychiatrie und die Zeit während des Faschismus und 2. Weltkriegs bleiben dort unerwähnt. 

 

Quellen: 

Karin Feuerstein-Praßer: Alice von Battenberg – Die Schwiegermutter der Queen. Ein unkonventionelles Leben. Verlag Piper. München 2020 (alle Zitate im Text sind aus diesem Buch)

Eva-Maria Bast:  Die vergessene Prinzessin: Alice von Battenberg – Fernab ihrer Heimat kämpfte sie um die große Liebe und rettete Menschenleben. Die Romanbiografie über Prinz Philipps Mutter. Verlag Piper. München 2021.

https://de.wikipedia.org/wiki/Alice_von_Battenberg

 


[1] Noch heute erinnern viele karitative Einrichtungen an sie. Alice von Hessen-Darmstadt (1843-1878) arbeitete eng mit der Frauenrechtlerin Louise Büchner zusammen, der jüngsten Schwester Georg Büchners, die sich für die Anerkennung der Krankenpflege als weltlichen Beruf für Frauen einsetzte. Louise Büchner hatte eine Gehbehinderung

[2] Eine nicht standesgemäße Heirat

[3] Auf dem Mailänder Kongress von 1880 wurde deshalb die Gebärdensprache an den Gehörlosenschulen verboten.

[4] In anderen Publikationen wird der Fauxpas bei der protestantischen Trauungszeremonie in umgekehrter Fragestellung erwähnt.

[5] Führt zu Apathie und Willenlosigkeit. Auch als Wahrheitsdroge bekannt geworden.

[6] Kuno von Hardenberg gehört der „Schule der Weisheit“ an, eine lebensphilosophische Richtung, mit der Alice sich intensiv auseinandergesetzt und die von ihrem Onkel Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt gefördert wurde

 


 

aus WeiberZeit Nr. 42/43 Februar 2023 I www.weibernetz.de/weiberzeit.html
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