Luftpumpe
- Zeitung zur Emanzipation Behinderter und Nichtbehinderter
- Wendepunkte in der Behindertenpolitik
- Herausgeberwechsel und Radikalisierung
- Im Spannungsfeld der Krüppelgruppen
- die randschau – Zeitschrift für Behindertenpolitik
Wendepunkte in der Behindertenpolitik
Der Beginn der 'LUFTPUMPE', 1978, charakterisierte auch einen Wendepunkt in der bundesdeutschen Behindertenpolitik: „Das war die Zeit, als die ‚Clubs Behinderter und ihrer (nichtbehinderten) Freunde’, die CeBeeF's, den langen Marsch als Institutionen und damit in die politische Anpassung bei Kaffee und Kuchen begannen. Deren Rebellion gegen Bordsteinkanten und Treppenstufen hatte sich erschöpft. Einige wollten das Rebellieren aber nicht sein lassen, und suchten nach neuen Ausdrucksformen“, mit diesen Worten beginnt Lothar Sandfort, von Anbeginn bis zu deren Ende 1984/85 Mitarbeiter in der 'LP'-Redaktion, eine Nachbetrachtung zum fünfjährigen Bestehen der 'LP' in Heft 5/1983 (Titel: „Und sie bewegt sich doch - Behindertenbewegung und 5 Jahre Luftpumpe“, S. 3 - 8). Auch wenn die Einschätzung der CeBeeF's als radikale 'Avantgarde' bis ins letzte Drittel der 70er Jahre hinein eher einem geschönten, denn einem tatsächlichen Bild der damaligen Lage der 'CeBeeF's' entsprach, trifft die Aussage im Wesentlichen den Kern: Die CeBeeF's waren nicht mehr (wenn sie es denn jemals waren) Träger von Protesten und Aktionen gegen die Ausgrenzungsbestrebungen der Gesellschaft gegenüber behinderten Menschen. Neue Formen der politischen Artikulation wurden gesucht und am Beispiel des Frankfurter Volkshochschulkurses „Bewältigung der Umwelt“ (der zu dieser Zeit bereits einige Jahre existierte) gefunden. „Zu diesem Zeitpunkt entstand die LUFTPUMPE und ihre inhaltliche Leitlinie war von Anfang an: WIDER DIE ANPASSUNG! Die Begründenden wollten ein selbstbestimmtes Medium schaffen, daß die Selbstbestimmung und Emanzipation der Behinderten fördert und allen entsprechenden Kräften zur Verfügung steht.“ (ebd. S.4) Auf der wohl mühevollen Suche nach der 'eigenen Identität' (im Nachhinein eher verklärt als „Bewegungsorgan“ charakterisiert), stellt die 'LP' zunächst ein wüstes Sammelsurium unterschiedlichster Beiträge dar: Neben dem regionalen behindertenpolitischen Bezügen (vereinzelte Beiträge zum Behindertentaxi ‚Sonderfahrdienst’-, Freizeitaktivitäten und Möglichkeiten für behinderte Menschen im Kölner Raum, etc.) standen Kreuzworträtsel, die obligatorische „Witzseite“, der Veranstaltungskalender und die sich über 6 Hefte ziehende Serie mit dem Titel „Unsere Hobbies“. Besaß zumindest letzterer Teil zu Beginn noch ein unverhältnismäßig hohes Übermaß, findet die Redaktion bis zum Ende des zweiten Jahres im Bestehen der 'LP' mehr und mehr zu einem eigenen Stil. Im Sommer 1980 kam es jedoch zum ersten großen Bruch innerhalb der Redaktion. „Ein Teil der Redaktion war der Meinung, die LUFTPUMPE müsse professionalisiert werden und sich einem nichtbehinderten Publikum öffnen. Sie meinten, daß man Nichtbehinderte nicht erreicht, läge nur an der Aufmachung.“ (ebd. S. 4) Diese Mitarbeiter konnten sich innerhalb der Redaktion nicht durchsetzen und zogen mit dem Ausstieg aus der Redaktionsarbeit die Konsequenz.[1]
Diese Auseinandersetzungen fanden keinen Niederschlag in der 'LP', stattdessen sind die Seiten gefüllt mit den Nachwirkungen des 'Frankfurter Skandalurteils' und den Vorbereitungsdiskussionen der Aktiven der sog. 'Krüppel- und Behindertenbewegung' gegen das 'UNO-Jahr der Behinderten'. Erst drei Jahre später erfuhren die Leserinnen aus o.g. Artikel von Lothar Sandfort von den damaligen Auseinandersetzungen innerhalb der Redaktion. Das Jahr 1981 bedeutet denn auch in vielerlei Hinsicht Veränderung für die 'LP'-Redaktion: Schon länger geplant, jedoch bis dato nicht offiziell vollzogen, meldet die 'LP' mit der Nr. 1/81 ihren bundesweiten Anspruch an: Drei neue Regionalredaktionen (Rhein-Main, München und Berlin) werden gegründet, der Zulauf an Mitarbeiter*innen (und Interessent*innen) ist enorm. So steigt die Mitarbeiter*innenzahl (selbst nach dem Ausstieg von zwei Mitarbeitern) von 16 Mitarbeiter*innen an der Nummer 8/1980, auf 37 Mitarbeiter*innen an der Ausgabe Nr. 1/1981. Vereinbart wurde die Produktion von jeweils 4 mal 8 Seiten mit ausschließlich regionalem Bezug, die von den genannten Redaktionen (zzgl. eines Regionalteils in Köln) eigenständig erstellt wurden. Der Außenmantel von 20 Seiten wurde unter der Kölner Federführung gemeinsam produziert. 1981 wurde das Jahr, in der die 'LP' durchgängig mit 6.000 Exemplaren erschien (und wenn der Schlüssel der überregionalen Zeitschriften zum Leser*innenkreis zugrunde gelegt wird - multipliziert mit durchschnittlich 3,5 Leser*innen pro Heft - ca. 21.000 Leser*innen erreicht) und jeden Monat 52 Seiten produziert, eine Form, die von keinem der 'LP' folgenden verbandsunabhängigen Periodika aus der 'Krüppel- und Behindertenbewegung' jemals wieder erreicht wurde. Die 'LP' wurde 1981 zu dem in der 'Behindertenbewegung' tragenden medialen Forum des Protestes gegen das 'UNO-Jahr der Behinderten'.