die randschau
- Zeitschrift für Behindertenpolitik
- Die 90er Jahre: eine neue Redaktion
- Zeitschrift einer Bewegung
- Krüppeltopia und ganz reale Bedingungen
- Von Singer & Co bis Kunst und Kultur
- Bewegung im Wandel & Eine neue Redaktion und das Ende einer Ära
Bewegung im Wandel
In dieser Zeit wurde auch offensichtlich, dass sich die unabhängige Behindertenbewegung in einer Krise befand. Organisationen wie ISL (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben), die ursprünglich die gleichen Wurzeln hatten, liefen mit einer pragmatischen Politik ohne Berührungsängste und einer besseren finanziellen Ausstattung der autonomen Behindertenszene zunehmend den Rang ab. In den Medien wurden die ISL-Vertreter immer häufiger als authentische Interessenvertreter behinderter Menschen vorgestellt, andere, radikalere Positionen kamen dagegen nur noch selten vor. Von einer „Bewegung“ im ursprünglichen Sinne konnte nur noch sehr eingeschränkt die Rede sein. Für die randschau, die sich als Sprachrohr dieser unabhängigen Zusammenhänge verstand, stellte sich zunehmend die Frage, auf welche „Bewegung“ sie sich beziehen sollte.
Um das Jahr 1997 herum wurde die Redaktion von einer Sinnkrise erfasst. Die Mitarbeiter waren frustriert von der ausbleibenden Resonanz und fragten sich immer öfter, für wen sie die randschau eigentlich machten. Auch Veränderungen in der persönlichen Situation von Einzelnen trugen zum Entschluss bei, das Projekt in neue Hände zu legen.
Eine neue Redaktion und das Ende einer Ära
Ein entsprechender Aufruf wurde im Heft veröffentlicht und es fand sich eine neue Redaktion, die das Heft ab März 1998 übernahm. Doch schon bald sahen sich die „Neuen“ mit ähnlichen Problemen konfrontiert wie die Vorgängerredaktion: Fehlendes Echo der Leserschaft, der Anspruch, Themen nicht zum x-ten Mal aufzuwärmen. Zudem hatte die neue Redaktion bei aller Euphorie den Aufwand unterschätzt, der mit dem Zeitungmachen verbunden ist. Hinzu kam schließlich das weitgehende Fehlen der Kontakte, die der vorigen Redaktion zur Verfügung standen.
Bereits im April 2000 hielten die Abonnenten ein in schlichtem schwarz-weiß gehaltenes „Abschlussheft“ in Händen, in dem die Redaktionsmitglieder erklärten, dass sie die randschau einstellten. Ein Zeitungsprojekt, das zu seiner Zeit einzigartig und für viele Menschen wichtig war, fand so ein geradezu unspektakuläres Ende.
Thomas Schmidt, München
Das einzige je erschienende randschau-Werbeplakat, das Dank einem Foto der Bremer Krüppelfrauengruppe (unter dem Namen Sockenschuss) entstanden ist. Unter Materialien ist ein hochwertiger Scan downloadbar.